Richard J. Dennis, oft als „Prince of the Pit“ bezeichnet, ist einer der legendärsten Commodities-Trader der Geschichte. Er wurde im Januar 1949 in Chicago geboren und wuchs in einer einfachen Familie auf. Seine Karriere begann früh: Mit nur 17 Jahren, im Jahr 1966, arbeitete er als Order Runner auf der Handelsbörse der Chicago Mercantile Exchange (CME), wo er Botengänge erledigte und erste Einblicke in den hektischen Pit-Handel gewann. Dennis hatte anfangs wenig Kapital – er lieh sich Geld von seiner Familie (Berichten zufolge 1.600 US-Dollar, die er aus seinem Job als Pizzabote sparte) und begann mit dem Handel von Commodities wie Sojabohnen und Weizen.
Frühe Erfolge und Aufstieg zum Millionär
Dennis‘ Erfolg basierte auf einer disziplinierten Trendfolge-Strategie (Trend Following), bei der er auf langfristige Markttrends setzte, anstatt kurzfristige Schwankungen zu prognostizieren. Er kaufte in aufsteigenden Märkten und verkaufte in fallenden, mit strengen Risikomanagement-Regeln wie Stop-Loss-Orders. Aus einem Startkapital von etwa 400 US-Dollar baute er bis Ende der 1970er Jahre ein Vermögen von über 200 Millionen US-Dollar auf. Ein Meilenstein war 1986, als er allein in diesem Jahr 80 Millionen US-Dollar Gewinn machte (inflationsbereinigt etwa 147 Millionen US-Dollar heute). Seine Trades konzentrierten sich auf Futures-Märkte für Rohstoffe, Währungen und Indizes.
C&D Commodities
Zusammen mit seinem Partner William Eckhardt gründete er 1974 die Firma C&D Commodities, die zu einem der erfolgreichsten Handelsunternehmen in Chicago wurde. Dennis profitierte von Marktereignissen wie der Ölkrise der 1970er Jahre und volatilen Commodities-Märkten, wo er durch systematische Ansätze enorme Renditen erzielte. Bis zu seinem Rückzug aus dem aktiven Trading Ende der 1980er Jahre galt er als einer der reichsten Trader seiner Zeit, mit einem Nettovermögen von schätzungsweise 200–300 Millionen US-Dollar.
Das Turtle Traders Experiment
Dennis‘ größtes Vermächtnis ist das „Turtle Traders“-Experiment, das aus einer Wette mit Eckhardt entstand. Die beiden diskutierten, ob erfolgreiches Trading angeboren oder erlernbar sei. Dennis glaubte an Letzteres und setzte 1983 eine Anzeige in der Wall Street Journal, um „Turtles“ (benannt nach einer Schildkrötenfarm, die er in Singapur besucht hatte) zu rekrutieren – eine Gruppe von Anfängern ohne Trading-Erfahrung. Er wählte 23 Personen aus (darunter Studenten, ein Barkeeper und eine Schauspielerin) und trainierte sie zwei Wochen lang in seinem Trendfolge-System. Die Regeln der Turtles umfassten:
- Einstiegssignale: Kaufen, wenn der Preis ein 20- oder 55-Tage-Hoch überschreitet; Verkaufen bei Tiefs.
- Risikomanagement: Maximal 2 % des Kapitals pro Trade riskieren, Positionen pyramidieren (erhöhen bei Gewinnen).
- Ausstieg: Stop-Loss bei 2x Average True Range (ATR) oder bei Trendumkehr.
- Diversifikation: Handeln in 20–30 Märkten gleichzeitig.
Über 100 Millionen US-Dollar Gewinn
Dennis gab jedem Turtle 1 Million US-Dollar zu managen. Innerhalb von vier Jahren machten die Turtles kollektiv über 100 Millionen US-Dollar Gewinn, mit jährlichen Renditen von bis zu 80 %. Viele Turtles wurden selbst zu Trading-Legenden, wie Jerry Parker (Gründer von Chesapeake Capital) oder Paul Rabar. Das Experiment bewies, dass Trading durch Regeln und Disziplin gelehrt werden kann, und inspirierte Bücher wie „Way of the Turtle“ von Curtis Faith (einem der Turtles).
Spätere Jahre und Vermächtnis
Nach Verlusten in den späten 1980er Jahren (u. a. durch den Crash 1987) zog sich Dennis weitgehend aus dem Trading zurück und widmete sich Philanthropie und Politik. Er unterstützte liberale Kampagnen, engagierte sich gegen den Drogenkrieg und investierte in Immobilien. Heute lebt er zurückgezogen in Chicago, mit einem geschätzten Vermögen von über 200 Millionen US-Dollar.

