Raus aus dem Hamsterrad
Bild: raquelvizcainot | Freepik.com

Raus aus dem Hamsterrad

Der lange Weg raus aus dem Hamsterrad beginnt fast immer gleich: Irgendwann am Morgen geht es los. Der Wecker klingelt. Etwas widerwillig bringst du deine Mechanik in Gang und machst dich auf den Weg ins Bad. Die Morgenroutine kann beginnen. Toilettengang, Zähneputzen, Grundreinigung der Fassade. Danach peilst du den Weg in die Küche an. Die ersten Substanzen erreichen deinen Magen. Nach einer kurzen Pause geht es weiter zur Schule, zur Arbeit oder sonst wohin. Vermutlich gibt es ein paar, die ihre Freude darüber gerade noch im Zaum halten können. Bei den meisten dürfte es aber eher eine Mischung aus Pflichtgefühl und Angst vor Bestrafung oder gesellschaftlichen Nachteilen sein. Vielleicht sind manche sogar froh darüber, dass Nest zu verlassen.

Die Plicht ruft

Profis im Hamsterrad haben die Abhängigkeit perfektioniert. Sie wissen genau, wie das Vorhaben, raus aus dem Hamsterrad zu gelangen, definitiv scheitern wird. Es bestehen Schulden für eine Immobilie, ein oder zwei Fahrzeuge. Sie leisten Ratenzahlungen für Konsumgüter wie Kleidung, Elektronik oder Einrichtungsgegenstände. Auch vor Reisen oder Feiern auf Kredit machen sie nicht halt.
Voller Elan stürzen sie sich in ihre Aufgabenfelder. Der Antrieb wird gespeist von der Angst zu versagen, vor Strafe oder gesellschaftlicher Ausgrenzung. Die Ausschüttung der Glückshormone beim Kauf der vorgenannten Dinge dienen als Turbolader. Du vergleichst dich mit anderen. Du bist „jemand“. Das fühlt sich gut an.

Die Schattenseiten

Der Druck steigt. Es gibt Konkurrenz. Der Markt bietet Möglichkeiten, deine Leistung zu steigern, unangenehme Gefühle auszublenden. Dein Leistungsumfeld macht mit und die Gefahren werden ausgeblendet. Je länger du im Hamsterrad läufst, desto größer wird die Furcht vor dem Versagen. Der Schuldendruck nimmt dir die Entscheidungsfreiheit. Der Erfolg isoliert, er macht asozial. Die Abwertung anderer wertet dich auf. Du hast die Basis der Menschlichkeit verlassen. Abseits von deinem Leistungsumfeld bist du einsam.

Die Veränderung

Du bist krank geworden, die Ärzte können dir nicht helfen. Du machst andere für dein Scheitern verantwortlich. Deine Arbeitsunfähigkeit macht dich nachdenklich. Du sprichst mit Leuten, welche du bisher abgelehnt hast und spürst menschliche Nähe. Du machst dich auf den Weg zum Ursprung deines Pflichtgefühls. Dir wird klar, dass deine Festung und all die Dinge, die du bisher dafür gekauft hast, toll aussehen mag, sich aber nicht toll anfühlt. Du merkst, dass es nur Arbeit macht und es wächst die Erkenntnis, dass du dich permanent verstellt hast.

Der Weg raus aus dem Hamsterrad

Du überlegst dir, was du wirklich zum Leben benötigst. Du verdienst weiterhin Geld, vielleicht mit etwas anderem als bisher. Dein Geld dient nicht mehr dazu, durch Konsum kurzfristig Endorphine in deinem Gehirn zu erzeugen. Du beginnst, dich über Investitionen zu informieren und bildest Rücklagen. Du findest Wege, deine Einnahmen zu optimieren. Dein Wissen über Kapitalanlagen wächst und du spürst, dass der Druck geringer wird. Auf dem Markt gerätst du in eine bessere Verhandlungsposition. Eine Kündigung kann dich nicht mehr schockieren.

Der Wecker klingelt nicht mehr

Du blickst auf deine letzten Jahre zurück. Dein Umfeld von damals hat keinen Einfluss mehr auf dein Leben. Du schaust aus dem Fenster und siehst dem bunten Treiben zu. Du bist schuldenfrei, hast ordentlich gespart und lebst von den Erträgen. Ab heute ist für dich alles optional. Du bist der Mensch, der du sein möchtest.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert